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Schweizer Wahlkampf 2015
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Schweizer Wahlkampf 2015
Schweizer Wähler

Brig, 28. September 2015, 20:33 Uhr

Brig, 28. September 2015, 20:33 Uhr

«Ich wähle Liste Nummer 1, CSP. Zwei Namen werde ich darauf doppelt hinzufügen, nämlich Philippe Nantermod (FDP) und Michael Kreuzer (SVP). Die CSP wähle ich traditionsbedingt, ich habe die schon immer gewählt. Sie ist politisch gut aufgestellt, mit einem bürgerlichen Touch, aber auch sozial. Es ist eine Ausgleichpartei, ein Mix zwischen CVP, FDP und SP. Der Gründer der CSP war ausserdem der Taufpate meiner Mutter. Hier im Wallis war die Energiepolitik das wichtigste Wahlkampfthema, und der Tourismus. Ich bin für die Energiewende, aber sie muss gestaffelt vor sich gehen – wir können nicht einfach per sofort alle AKWs abstellen. Die Wasserkraft ist eine riesige Chance für uns. Die Parlamentarier vom Wallis und von Graubünden müssen schauen, dass die Wasserkraft wieder mehr Gewicht hat in Bern. Nie wählen würde ich SP: Mich stört, dass in dieser Partei keinerlei Stolz auf Schweizer Werte gibt.»

Oktober 17, 2015von Ronnie Grob
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Schweizer Wähler

Brig, 28. September 2015, 21:06 Uhr

Brig, 28. September 2015, 21:06 Uhr

«Für den Nationalrat lege ich die Liste der SVP unverändert ein. In den Ständerat wähle ich Jean-René Fournier (CVP) und Franz Ruppen (SVP). Mir ist die Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der Schweiz im gesamteuropäischen Kontext wichtig, ich will keine grössere institutionelle Anbindung an die EU. Als Bewohner eines Randgebiets ist mir zudem der Föderalismus ein Anliegen, dass es hier einen Ausgleich gibt zwischen den Berg- und den Talgebieten. Nie wählen würde ich die PNOS.»

Oktober 14, 2015von Ronnie Grob
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Schweizer Wähler

Gamsen, 29. September 2015, 21:09 Uhr

Gamsen, 29. September 2015, 21:09 Uhr

«Selbstverständlich gehe ich wählen! Ich werde die Liste der CVP unverändert einlegen. Als Bergkanton ist uns im Wallis der Tourismus und die Energie sehr wichtig. Aber auch die Asylpolitik bewegt mich: wenn man selbst Familie hat und dann mit vom Krieg flüchtenden Familien konfrontiert ist, dann kann man die nicht einfach verjagen. Dass man Kriegsflüchtlingen helfen muss, ist für mich klar. Wiederum können wir nicht alle Wirtschaftsflüchtlinge aufnehmen, denen sollte vor Ort geholfen werden.»

Oktober 13, 2015von Ronnie Grob
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Schweizer Wähler

Gamsen, 29. September 2015, 20:57 Uhr

Gamsen, 29. September 2015, 20:57 Uhr

«Als CVP-Mitglied werde ich die CVP unterstützen. Ich werde innerhalb der Liste kumulieren, und höchstens mit der Liste der Jungen CVP panaschieren. Für das Wallis ist der Tourismus wichtig, besonders bei uns im Oberwallis ist das ein wichtiger Wirtschaftszweig. Zweitens ist die Energiepolitik wichtig. Mit der Wasserkraft haben wir eine einzigartige Ausgangslage im Kanton. Wir müssen hier die Infrastruktur erweitern und mehr Strom mit Wasserkraft produzieren. Umweltverbänden sollte weniger Möglichkeiten eingeräumt werden, Einsprachen zu erheben, denn Wasserkraft ist eine saubere Energie, die am Ende allen dient. Nie wählen würde ich SP: Mit den Vorstellungen und Ideologien dieser Partei stehe ich absolut konträr im Raum. Ich glaube, die SP hat die Funktionsweise der Wirtschaft nicht verstanden.»

Oktober 11, 2015von Ronnie Grob
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Wahlveranstaltung

Tourismus und Energie, Abgottspon, Raclette in der Industriehalle

Ein Ausflug ins Wallis führt mich zu den Ständeratskandidaten des Kantons, zu einem Kirchenkritiker namens Abgottspon und in eine Industriehalle, in der Volksmusik gespielt und Fondue serviert wird.

Ich erinnere mich an den Vortrag von Migros-Lobbyist Martin Schläpfer. Die aggressivsten, charmantesten und besten Lobbyisten seien die Walliser, erzählte er. Im Vergleich mit ihnen seien die Ostschweizer geradezu unfähig, sich in Bern für ihre eigenen Belange einzusetzen. Stimmt das? Ich fahre ins Wallis, um das herauszufinden. Zunächst nach Brig, wo sich die vier Oberwalliser Ständeratskandidaten an einem Wahlpodium vor rund 100 Besuchern rhetorisch messen.

Brig, Wallis, 28. September 2015
Von links nach rechts: Priska Dellberg (SRF), Thomas Burgener (SP), Beat Rieder (CVP), Pierre-Alain Grichting (FDP), Franz Ruppen (SVP) und Silvia Graber (SRF).

Die Themenwahl des Abends überrascht den Unterländer. Es wird nicht etwa über das Thema gesprochen, welches die Schweizer wie kein anderes bewegt, die Migrationspolitik. Sondern über den Tourismus und die Energiepolitik (und ein bisschen auch noch über den starken Franken und den Wolf). Beim Tourismus ist die Lage klar, so schreibt es auch das SRF: «Weitgehend einig waren sich die Kandidaten bei der Frage, dass der Tourismus weitreichende Unterstützung brauche von der öffentlichen Hand.»

Und bei der Energiefrage? Nimmt kurzerhand der moderierende Journalist (Herold Bieler, «Walliser Bote») die auf dem Podium nicht existierende grüne Position ein und fragt, wo Energie gespart werden könnte. Die Positionen der Kandidaten sind erwartbar: Beat Rieder (CVP) ist auf der Linie seiner Bundesrätin: «Der Atomausstieg ist eine beschlossene Sache und wird bis 2050 Tatsache sein! 2019 wird Mühleberg abgestellt, danach fährt Beznau und Leibstadt herunter.» Franz Ruppen (SVP) ist gegen die Energiewende: «Ich bin gegen die Energiestrategie 2050. Noch niemand konnte mir aufzeigen, wie das funktionieren soll.» Thomas Burgener (SP) hofft auf erneuerbare Energien: «Photovoltaik wird sich durchsetzen. Es gibt keinen besseren Kanton für alternative Energien in der Schweiz als das Wallis.» Überraschend ist nur die Position von Pierre-Alain Grichting (FDP), der sich als der Liberale auf dem Podium explizit gegen eine Liberalisierung (des Strommarkts) ausspricht: «Wenn die Preise liberalisiert werden, dann kaufen die Firmen den billigen Strom aus Deutschland.»

Brig, Wallis, 28. September 2015

Die Veranstaltung ist vom Regionaljournal Bern Freiburg Wallis organisiert. Den anschliessenden, reichhaltigen Apéro bezahlt die SRG Wallis:

Brig, Wallis, 28. September 2015

Auch wenn sie redlich bemüht sind, sich voneinander abzugrenzen, unterscheidet die vier bürgerlichen Ständeratskandidaten (Rieder, Ruppen, Grichting und der nicht anwesende Jean-René Fournier (CVP)) wenig. Hier ihre vier Spider gemäss Vimentis:

Vimentis-Spider der vier bürgerlichen Ständeratskandidaten

Wer ist wer? Die Unterschiede sind marignal.

* * *

Am Tag darauf treffe ich mich am Mittag mit Oberstufenlehrer Valentin Abgottspon zu einer deftigen Käseschnitte in der «Walliser Wii Stuba». Er glaubt, es sei bei nicht wenigen Politikern im Wallis Zufall, in welcher Partei sie sind: «Die Parteizugehörigkeit wurde dadurch entschieden, in welchem Jahr sie mit Politik anfingen oder in welcher Partei der Vater war.» Das könnte die nicht liberale Position des Liberalen Grichting erklären.

Ist man im Wallis nicht auch arg protektionistisch? Der Eindruck, dass man sich zuerst als Walliser versteht, und dann als Schweizer, trüge nicht, sagt Abgottspon. Doch die Bündner beispielsweise seien da nicht anders: «Die Frage ist, ob dieses Selbstbewusstsein gerechtfertigt ist. Das Wallis ist eine strukturschwache Region und per Finanzausgleich Empfänger von Hunderten von Millionen Franken jedes Jahr. Vielleicht sollte man diese Zahlungen stoppen, bis das Wallis Grundrechte eingeführt hat. Denn im Wallis kann man bis heute auf der Steuerrechnung nicht erfahren, wie viel von den Steuern an die Kirche geht. Hier zahlt einfach die Gemeinde das Defizit, die Kirchensteuer wird nicht offen ausgewiesen. Wer aus der Kirche ausgetreten und ihr nichts bezahlen möchte, muss jedes Jahr einen Rückforderungsantrag stellen und erhält dann doch nicht das zurück, was sie tatsächlich kostet.»

Valentin Abgottspon

Im Oberwallis kralle sich die CVP an gestrige Gesellschaftsideen und weigere sich, im 21. Jahrhundert anzukommen, kritisiert Kirchenkritiker Valentin Abgottspon, der als Vize-Präsident der Freidenker-Vereinigung der Schweiz für eine saubere Trennung zwischen Kirche und Staat einsteht: «Als Lehrer war ich jedes Schuljahr mit 32 Terminen konfrontiert, die irgendwas mit der Kirche zu tun hatten. Ausserdem finde ich es sehr stossend, dass es Kruzifixe hat in den Gerichtssälen und den Schulen.» Abgottspon wurde 2010 an einer staatlichen Schule fristlos entlassen, weil er in seinem Schulzimmer kein Kruzifix aufhängen wollte und sich allgemein für säkulare Schulen einsetzte. Das Kantonsgericht hat die fristlose Kündigung inzwischen als ungerechtfertigt beurteilt.

Man dürfe die Walliser CVP nicht verwechseln mit der CVP, wie es sie im Rest der Schweiz gibt, sagt Abgottspon weiter: «Sie polemisiert gegen Nicht-Heterosexuelle und hat die Tendenz, die Kirche und die Religion in Schutz zu nehmen und hierbei nichts zu hinterfragen. Positiv ist, dass sie die absolute Macht verloren hat im Grossen Rat.» Allerdings gebe sich die SVP, an welche die CVP in den letzten Jahren viele Wähleranteile verloren hat, in diesem Kanton betont christlich-konservativ und schaffe es, noch fast katholischer als die CVP aufzutreten, so Abgottspon.

* * *

Am Abend dann fahre ich mit dem Postauto nach Gamsen, an den Wahlapéro der CVP des Bezirks Brig. Eine dreiköpfige Kapelle spielt Volksmusik. Die Herren in den weissen Hemden und den roten Gilets (mit Walliser Wappen drauf) sehen super aus und spielen hervorragend. Doch hätte ich sie nicht eher bei einem Anlass der SVP anzutreffen vermutet? Vielleicht spielen sie dort auch.

Gamsen, Wallis, 29. September 2015

Als ich um 19 Uhr pünktlich ankomme, ist die Industriehalle des halb-staatlichen und halb-privaten Stromversorgers Enbag (www.iischi-energie.ch) schon gut gefüllt, auch hier sind etwa 100 Personen anwesend. Sofort wird Weisswein und Rotwein ausgeschenkt und eifrig nachgeschenkt. Die meisten Besucher sind mit dem Auto da, und tatsächlich, um fahrtauglich wieder einzusteigen, wechseln viele ihr Getränk schon bald auf Wasser.

Gamsen, Wallis, 29. September 2015

Andreas Zenklusen (CVP), der durch den Anlass führt, erklärt mir gleich freiheraus, dass die CVP nichts zahlt für die Hallenmiete hier. Schliesslich profitiere doch auch die Enbag vom Anlass, das sei offensichtlich. Enbag-Verwaltungsratspräsident Renato Kronig darf dann auch zehn Minuten lang reden: «Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit und eine Ehre, hier Gastrecht zu gewähren», sagt er. Und will dann vor der versammelten Politprominenz auch noch «ein paar Wünsche» äussern. Man müsse im Strommarkt europäisch integriert sein. Und die Bergkantone müssen zusammenstehen, um gegen den Druck auf den Wasserzins und auf die Preise der Wasserkraftwerke zu bestehen. «Ich wünsche euch viel Erfolg. Wenn ihr Erfolg habt, dann haben wir auch Erfolg.»

Gamsen, Wallis, 29. September 2015

Nach dem Anlass werden Hälften grosser Käselaiber angeschmolzen und auf Plastikteller geschabt. Ein herausragendes Raclette, serviert mit heissen Kartoffeln und Cornichons und Silberzwiebeln aus riesigen Gläsern beendet den Abend. Und überdeckt den Wein von vorher. Die Angst, den Führerausweis zu verlieren, regiert auch im Wallis.

Die Anlässe und Gespräche fanden am 28. und 29. September 2015 in Brig und Gamsen statt.

Oktober 8, 2015von Ronnie Grob
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Schweizer Wähler

Gamsen, 29. September 2015, 21:03 Uhr

Gamsen, 29. September 2015, 21:03 Uhr

«Ich wähle Liste 4, CVP. Das ist so eine gute Liste, dass ich nur kumulieren werde, nicht panaschieren; da hat es genügend gute Kandidaten drauf, die man wählen kann. Die Themen im Wahlkampf waren für mich die Energie- und die Asylpolitik. Wichtig ist aber auch die Solidarität zwischen den Berg- und den Mittelandgebieten. Die spielt nicht mehr so gut wie auch schon, da hatten wir einige negative Beispiele wie die Zweitwohnungsinitiative oder das Raumplanungsgesetz. Hier braucht es meiner Meinung nach mehr gegenseitige Solidarität. Eher wenig anfangen kann ich mit der SVP und der SP. Auch wenn sie ab und zu gute Ideen haben.»

Oktober 6, 2015von Ronnie Grob
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Interview

«Ich bin nicht der Typ, der jedem Reporter die Hand schütteln und sich nach seinem Wohlbefinden erkundigen muss»

Urs Schläfli (CVP) belegt im Sonntagsblick-Rating der «grössten Hinterbänkler» im Parlament den ersten Platz. Nomen est omen? Im Gespräch über Journalisten und Lobbyisten und über die Arbeitsbelastung eines Nationalrats stellt sich der Bauer aus Deitingen als gar nicht so langweilig heraus.

Artikel im Sonntagsblick vom 13. September 2015
Bild: Auschnitt des Artikels im Sonntagsblick vom 13. September 2015.

Herr Schläfli, ich habe jetzt eben dreissig Minuten lang erfolglos Solothurner dafür zu begeistern versucht, bei der Rubrik «Schweizer Wähler» mitzumachen. Sind Solothurner zurückhaltender als andere?
Das glaube ich nicht. Solothurn ist ein kleines, schönes Städtchen, eine typische Durchschnittsstadt in der Schweiz.

Sie sind aus Deitingen. Wie viele Einwohner hat Deitingen?
2000 Einwohner. Wir haben 20 Bauern, wovon die eine Hälfte voll erwerbstätig ist, die andere Hälfte den Betrieb im Nebenerwerb führt.

Sie bezeichnen sich als Meisterlandwirt. Wie viele Tage die Woche sind Sie Bauer?
Ich bewirtschafte einen viehfreien Betrieb mit Ackerbau. Im Winter beschäftigt mich das etwa einen Tag in der Woche, im Sommer ist es mehr. Bei Spitzenzeiten habe ich zum Glück auch ein paar Freunde im Dorf, die ich anrufen kann und die mir aushelfen.

Hat es im Parlament nicht schon genug Bauern? Ich war gestern im Wallis. Ein Politiker sagte mir, dass solange es in Bern mehr Bauern habe als Touristiker, das für ihn Motivation genug sei, zu kandidieren.
(Lacht) Ob es genügend Bauern hat oder nicht in Bern, ist schwierig zu beantworten. Man sagt immer, es sei die stärkste Lobby. Dabei gibt es einige Akademiker in Bern, die irgendwann mal eine bäuerliche Ausbildung gemacht haben. Die gelten oft als Bauern, vertreten jedoch gar nicht alle Bauerninteressen. Ich dagegen schon, das gebe ich auch gerne zu. Ich stehe ein für eine Bevölkerung mit wertkonservativer Haltung, für Bodenständigkeit.

Welche weiteren Interessen vertreten Sie? Wie jeder Parlamentarier können Sie zwei Badges vergeben. Sie ermöglichen den Zutritt Lobbyist Roman Weissen und Konrad Imbach, dem Geschäftsführer des Verbands GebäudeKlima Schweiz. Warum?
Konrad Imbach ist ein guter Kollege von mir, der auf der gleichen Liste kandidiert, das ist ein Freundschaftsdienst. Auf Roman Weissen kam ich über einen Kontakt bei der Partei, ich kannte ihn vorher nicht. Ich prüfte darauf hin, wer das ist und was der für eine Einstellung hat und kam dann zum Schluss, dass ich es absolut vertreten kann, dass er meinen Badge erhält.

Was haben Sie denn jetzt davon?
Nichts. Ich habe den beiden nichts versprochen und sie mir umgekehrt auch nicht.

Dann hätten sie die Badges doch auch einfach nicht vergeben können?
Ja, das wäre auch eine Variante gewesen. Inhaber von Badges sind jedoch auch immer Informationsquellen. Wenn ich Roman Weissen treffe, dann vorwiegend im Bundeshaus.

Wurde Ihnen etwas bezahlt für einen der Badges?
Nein, keinen Franken, ich würde dafür auch nie Geld nehmen. Die Gerüchte gehen zwar, dass es Gebote für diese Badges gibt in der Höhe von 10 000 Franken und mehr. Mich erreichte jedoch nur ein konkretes Angebot in der Höhe von 200 Franken, das ich natürlich abgelehnt habe. Im Wahlkampf gab es Angebote, Inserate in Verbandszeitungen für mich schalten zu lassen – im Gegenzug hätte ich mich dann aber verpflichten müssen, ihre Meinung in den nächsten vier Jahren zu vertreten. Auch das habe ich abgelehnt. Ich bin unabhängig, soweit ich das sein kann und bestreite auch meinen Wahlkampf vorwiegend aus eigenen Mitteln. Hinter mir steht kein finanziell potenter Industrieller oder so. Ich bin lediglich Vizepräsident des Solothurnischen Bauernverbands. Die drucken nun Flugblätter mit allen acht bäuerlichen Kandidaten des Kantons.

Ich habe gelesen, ihr Wahlkampf-Budget ist beschränkt. Wie hoch ist es denn?
Vor vier Jahren setzte ich rund 3000 Franken ein, heuer wohl etwa 4000 oder 5000 Franken. Hinzu kommt die Zeit für meine Arbeit und die von Freunden, die mir geholfen haben, zum Beispiel, um Wahlplakate aufzustellen. Dabei aktiv unterstützt wurde ich auch von der solothurnischen katholischen Bauernvereinigung, aber nicht finanziell.

Sie haben bisher erst fünf Tweets abgesetzt, unter anderem reagierten Sie auf eine Auswertung des Sonntags-Blicks, in der Sie als Nummer 1 der «grössten Hinterbänkler in Bern» hervorgingen.

Wer den Medien nicht nachrennt, dem rennen sie eben selbst nach. Doch so prominent im Sonntagsblick wie ich es heute bin ist selten einer!!

— Urs Schläfli (@SchlaefliUrs) September 13, 2015


Sie kommen im Text mit dem Zitat «ich renne den Medien nicht hinterher» vor. Wie ist ihre Beziehung zu den Medien?
Ich bin seit 2011 im Parlament und habe dann auch gleich die negativen Seiten der Medien kennengelernt. Die Journalisten schreiben halt, wie sie es wollen oder interpretieren, und das ist auch gut so. Aber als Politiker steht man dann schon öfters schräg in der Landschaft, weil Zitate nur teilweise zitiert werden oder von einer Geschichte nur ein Teil abgedruckt wird. Wenn ich Journalisten sah in der Wandelhalle, habe ich sie jeweils freundlich begrüsst. Aber der Typ, der jedem Reporter die Hand schütteln und sich nach seinem Wohlbefinden erkundigen muss, bin ich nicht.

Gibt es denn solche Nationalräte?
Ja, es gibt schon Parlamentarier, die Kontakte zu Journalisten eifrig pflegen. Mir liegt das nicht so. Ich pflege jene Kontakte, die ich gerne pflegen möchte. Aus heutiger Sicht muss ich jedoch sagen, dass ich die Bedeutung der Medien absolut unterschätzt habe. Man kann als Nationalrat die beste Arbeit abliefern, aber wenn niemand davon erfährt, ist es ohne Bedeutung. Den Kampf um Aufmerksamkeit kann man gut bei bedeutungslosen und chancenlosen Vorstössen von Parlamentariern beobachten – teilweise machen die Medien um diese ein riesiges Cabaret. Ich nehme mich davon auch nicht aus, denn ohne Vorstösse ist man als Parlamentarier nicht existent in den Medien. Den Umgang mit den Medien muss man als Parlamentarier lernen, mir hat das zu Beginn vielleicht etwas gefehlt. Ich war zuvor ja nur zwei Jahre im Kantonsrat und hatte dort wenig Umgang mit den Medien.

Macht nicht jeder Politiker heute ein Medientraining?
Ja, ganz zu Beginn war ich mal einen Tag lang in einem Medientraining.

Was lernt man denn dort?
Wie man richtig vor der Kamera steht zum Beispiel oder sich richtig ausdrückt. Es gibt aber wohl Politiker, denen die Medienarbeit leichter von der Hand geht und andere, die mehr Mühe damit haben. In den letzten beiden Sessionen habe ich nun vermehrt angefangen, selbst aktiv auf die Journalisten zuzugehen. Man muss denen halt eben auch ab und zu etwas stecken, wenn man nicht als «Hinterbänkler» abgestempelt werden will. Es funktioniert nicht, wenn man einfach nur wartet, abgeholt zu werden. Auf der anderen Seite will ich auch mich selbst bleiben können, ich bin ja kein Schauspieler.

Haben Sie denn mit den Lobbyisten mehr Kontakt als mit den Journalisten?
Mit ihnen habe ich immer wieder Kontakt, ich finde es spannend, mit denen zu diskutieren. Es ist ein Austausch der Argumentarien, den ich nicht als negativ betrachte, sondern als informativ, eine Bereicherung der Meinungsbildung durch persönliche Kontakte. Am Ende entscheide ich dann natürlich trotzdem selbst und unabhängig.

Nach vier Jahren im Bundeshaus: was ist anders, als sie erwartet hätten?
Der zeitliche Aufwand ist grösser als gedacht. Einem erfahrenen Juristen fällt es gerade zu Beginn natürlich leichter, sich in den Aufbau eines Gesetzes einzuarbeiten als einem juristisch nicht ausgebildeten Landwirt. Es mag sein, dass andere die anfallende Arbeit in einem 50-Prozent-Pensum meistern können. Bei mir geht es schon eher in Richtung 80 Prozent, wenn man alle Aufgaben dazuzählt. Es gibt heute kaum einen Tag, an dem ich nicht irgendwelche Unterlagen studiere. Ich habe die sogar schon mit zur Feldarbeit genommen.

Ist es möglich, neben dem Nationalratsmandat einen 100-Prozent-Job zu erledigen?
Ich wüsste nicht wie. Meine Arbeitszeiten auf dem Bauernhof sind der Fläche des bewirtschafteten Kulturlands angepasst und belaufen sich auf ein Pensum von 50 Prozent. Ich bin so ab und zu zeitlich am Limit, aber ich kann es leisten.

Was würden Sie im Parlamentsbetrieb ändern?
Für meinen Geschmack wird zu viel geredet. Reden im Nationalratssaal darf man ja nur zu jenen Geschäften, die man in der vorberatenden Kommission behandelt hat. Diese Regelung ist in Ordnung. Die Behandlung von Volksinitiativen dagegen gehört in die Kategorie 1, das heisst, hier darf jeder reden, wenn er will, maximal fünf Minuten lang. Und so reden dann jeweils 60, 70, 80 Nationalräte …

… weil sie endlich mal was sagen dürfen?
Ja, genau. Aber dann kommen doch nur immer wieder die gleichen Argumente. Man müsste da ehrlicherweise zugeben, dass längst alles gesagt ist, die Positionen der Parteien protokolliert. Doch die Möglichkeit zu einem Auftritt will man sich dann doch nicht entgehen lassen.

Es hört ja auch niemand zu. Wie ist das?
Zu Beginn störte mich das ungemein. Es ist eine Art Schaulaufen.

Und für wen eigentlich? Für die Medien? Geht es nicht nur darum, um mit einem Satz in der Hauptausgabe der «Tagesschau» zu landen?
Das haben Sie jetzt gesagt, ich habe es nur gedacht.

Wieso sind Sie überhaupt in der CVP?
Die christlichen Grundwerte sind mir schon wichtig, auch wenn ich nicht jeden Sonntag in die Kirche gehe. Ich bin aus einer CVP-Familie und fühlte mich von Anfang an wohl in der Partei, es ist eine Mittepartei. Die SVP ist mir bei den Themen Asyl- und Sozialpolitik zu radikal.

Wie schätzen Sie es ein: werden Sie wiedergewählt?
Vor zwei Monaten war ich fast überzeugt, dass es funktionieren könnte. In der Zwischenzeit bin ich mir nicht mehr so sicher. Denn dieses Sonntagsblick-Rating wurde in der massgeblichen Lokalzeitung, der Solothurner Zeitung, nun schon dreimal zitiert, dreimal wurde ich dort als «Hinterbänkler» bezeichnet. Eigentlich könnten die Journalisten doch einfach «der stille Schaffer» schreiben. Für mich zählt die seriöse Vorbereitung der Geschäfte mehr als die Medienaufmerksamkeit oder irgendwelche Ratings.

Das Gespräch mit Urs Schläfli wurde am 30. September 2015, um 14 Uhr, in Solothurn geführt.

Oktober 5, 2015von Ronnie Grob
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Schweizer Wähler

Lausanne, 2. Oktober 2015, 22:28 Uhr

Lausanne, 2. Oktober 2015, 22:28 Uhr

«Wir im Wallis haben nicht so viel Auswahl, ich wähle einfach die Besten der SVP-Liste. Kandidaten anderer Parteien kommen nicht drauf. Wir müssen die Integrität der Schweiz bewahren, dank Christoph Blocher (SVP) ist das Chaos durch die Annäherung an die EU noch nicht so weit fortgeschritten. Dank seiner Popularität hat sich die SVP auch in der Romandie entwickelt und verfügt nun über einige wählbare Kandidaten. An der Urne sieht man jeweils, dass diese Partei durchaus Wähler findet, auch wenn sie verpönt ist. Früher war ich in der CVP, doch heute ist das eine Partei wie die anderen. Die Popularität ist wichtiger als alles andere. Die meisten Politiker sagen nicht die Wahrheit. Sie lesen die Zeitungen, um zu wissen, was sie morgen sagen, und um nicht von den Zeitungen kritisiert zu werden.»

Oktober 5, 2015von Ronnie Grob
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Schweizer Wähler

Gamsen, 29. September 2015, 20:41 Uhr

Gamsen, 29. September 2015, 20:41 Uhr

«Ich war schon immer einer, der wählen gegangen ist, und ich gehe auch dieses Mal hin. Ich bin ein überzeugter CVP-Wähler und ich werde auch dieses Mal die Liste der CVP einlegen. Panaschieren werde ich, aber nur mit der Liste der Jungen CVP. Mir wurde die CVP-Zugehörigkeit in die Wiege gelegt; aber ich bin auch von der Politik dieser Partei überzeugt. Sie politisiert nicht mit Schlagwörtern, sondern präsentiert Lösungen. Hier im Wallis ist der Tourismus wichtig, und unsere Politiker haben sich in Bern für den Tourismus stark gemacht – deshalb wähle ich auch dieses Jahr wieder CVP. In den Ständerat sollten wieder zwei Kandidaten der C-Parteien gewählt werden, ein Unterwalliser und ein Oberwalliser. Gemeinsam haben sie mehr Kraft, unsere Anliegen zu vertreten. Nie wählen würde ich SVP, auch nicht die im Wallis, denn die ist Zürich-orientiert. Eine eher Bern-orientierte SVP oder die BDP könnte ich mir dagegen vorstellen.»

Oktober 3, 2015von Ronnie Grob
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Schweizer Wähler

Bern, 25. September 2015, 19:26 Uhr

Bern, 25. September 2015, 19:26 Uhr

«Ich werde im Kern FDP wählen, und dann kumulieren und panaschieren, also auch ein paar alte Freunde draufschreiben wie Jacqueline Badran (SP). In Deutschland bin ich FDP-Mitglied seit 1986. Als Eingebürgerter seit 2011 ist das nun meine erste Nationalratswahl, ich bin sozusagen Erstwähler! Bei Gemeinderatswahlen, Kantonsratswahlen und Abstimmungen habe ich überall schon teilgenommen. Als Themen sind mir die Wirtschaftsfreiheit und die Begrenzung des Staatsausbaus wichtig sowie die nachhaltige Sanierung der Altersvorsorge. Eher nicht wählen würde ich die SVP und die CVP, die sind mir zu bewahrend. Liberal wählen heisst eben Fortschritt wählen, sowohl im wirtschaftlichen als auch im gesellschaftlichen Bereich.»

September 29, 2015von Ronnie Grob
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Über mich


© Daniel Jung
Hallo, mein Name ist Ronnie Grob. Seit 2007 arbeite ich als Journalist und Blogger. Ich bin verantwortlich für Nach Bern! – eine Website, die den Wahlkampf um die Schweizer Parlamentswahlen am 18. Oktober 2015 verfolgte. Details dazu HIER.

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