Ich war an einem Sonntagmorgen in Regensdorf am «SVP Schiessen 2015». Um mit einer Kandidatin zu reden, die gemäss Smartvote.ch meine politischen Ziele teilt.
Der 13. September 2015, ein grauer Sonntagmorgen in der Zürcher Gemeinde Regensdorf-Watt. Auf dem Schiessplatz «Im Weidgang» am oberen Dorfrand trifft sich die Schweizerische Volkspartei SVP zum gemeinsamen Schiessen. Obwohl viele bereits am Freitag und am Samstag geschossen haben, sind Dutzende Leute vor Ort, es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Wie man mir berichtet, sind es aber weniger als auch schon. Dieses Jahr wurde der Anmeldeschluss sogar um eine Woche verlängert, um genügend Leute zu finden, denen das «Trainieren der Wehrhaftigkeit» ein Anliegen ist:
Aus der Ferne ist Kirchenglockengeläut zu hören, aus der Nähe Schiesslärm. Es sind Gürtel mit Kühen drauf zu sehen, darüber Schwingerhemden. Und die Parteiprominenz ist vertreten mit Nationalräten wie Hans Fehr (SVP), Thomas Matter (SVP) («Habe jedes Mal die Scheibe getroffen, darauf bin ich stolz») oder Alfred Heer (SVP) («Meine Freundin hat mich angerufen, als ich gerade am Zielen war – dann habe ich verzogen»). Den Eingang zum Bereich, den man mit Ohrenschützern betreten sollte, weist eine Pappfigur mit einem lebensgrossen Mauro Tuena (SVP) («Ich wünsche Ihnen eine ruhige Hand und dann gut Schuss …»).
Männer mit Trainerjacken des FSG Zwillikon oder des Schiessverein Höri trotten zum Shuttlebus, der sie zu dem zwischen Niederhaslistrasse und Rümlangstrasse eingerichteten «Festgelände» bringt. Eine Gruppe junger Männer unterhält sich über Würste. Manche Sturmgewehre stehen offen herum, die meisten aber werden sauber verpackt transportiert. Die Stimmung ist gut, aber auch verhalten-ernst, als habe man an diesem Sonntagmorgen wie bei einem Kirchgang eine wichtige Pflicht zu erfüllen. Interessant ist die Durchmischung der Anwesenden: Es ist alt und jung da, überraschend viele Frauen und nicht wenige junge Menschen mit dunklerer Hautfarbe.
Katia Weber (Junge SVP) ist nach dem Schiessen etwas enttäuscht («letztes Mal hatte ich 62 Punkte»). Eine Smartvote-Auswertung hat ergeben, dass sie die Kandidatin im Kanton Zürich ist, die angeblich die meisten Übereinstimmungen mit meinen politischen Vorstellungen hat. Zeit, bei einem Gespräch mehr herauszufinden. Wir setzen uns vor das Schützenhaus.
Du bist gemäss Smartspider für eine extrem liberale Gesellschaft – warum bist Du in der von vielen als stockkonservativ eingestuften SVP?
Die SVP ist für mich die einzige Partei, die in Frage kommt, denn alle anderen Parteien sind mir zu weit links. Die FDP gilt zwar als bürgerlich, setzt mir das aber zu wenig konsequent um. Dass ich gemäss Smartvote eine «liberale Gesellschaft» stark befürworte, hat damit zu tun, dass ich sehr freiheitsdenkend bin – und das beisst sich halt ab und zu mit dem Konservativen. Ich bin in einem konservativen Umfeld aufgewachsen, aber gesellschaftspolitisch bin ich sehr liberal. Ich kann mir beispielsweise gut vorstellen, dass ein Kind mit zwei Vätern aufwächst. Oder dass es Homosexuellen erlaubt wird, Kinder zu adoptieren. Mit solchen Meinungen bin ich übrigens in der Jungen SVP auch nicht alleine.
Was machst Du beruflich?
Ich habe Fotofachfrau gelernt und arbeite als Fotografin. Dazu habe ich die Handelsschule gemacht und arbeitete zuletzt sechs Jahre in einer Anwaltskanzlei.
Du bist freiwillig hier als Helferin gemäss Einsatzplan, an einem freien Sonntag. Warum?
Das frage ich mich manchmal auch (lacht). Nein, für mich ist klar: Wenn ich mich in einem Verein engagiere, dann bin ich auch aktiv. Weil ich auch im Vorstand der Jungen SVP bin, nimmt mir das sehr viel Freizeit, vor allem jetzt, während des Wahlkampfs.
Und Du bist hier auch freiwillig zum Schiessen?
Klar! Meine Mutter ist ja eine sehr gute Schützin. Ich selbst habe das das erst letztes Jahr entdeckt. Eigentlich hätte ich gerne Militärdienst geleistet, aber damals, mit 18, habe ich mich nicht recht getraut.
Was sind Deine politischen Ziele?
Mein politisches Ziel ist es, weiterhin das Gedankengut der SVP zu vertreten und zu vermitteln. Manchmal glaube ich fast, an Standaktionen ist mehr zu erreichen als in einem Amt. Natürlich wäre es der Hammer, gewählt zu werden, aber mit Platz 5 auf der Liste der Jungen SVP sind meine Chancen gering.
Was sind Deine wichtigsten politischen Anliegen?
Sicher muss der Schweizer Staat seinen Schuldenberg reduzieren. Wenn Geld reinkommt, sollte es der Bund nicht gleich wieder ausgeben für etwas, für das er sich nun auch noch zuständig sieht. Ich bin für tiefere Gebühren und Steuern und natürlich für mehr Freiheit und weniger Gesetze. Weniger Schikanen und Rotlichter im Strassenverkehr, keine weitere Reduktion der Parkplätze. Viele sind auf das Auto angewiesen und bald ist es nur noch für Reiche zahlbar. Das möchte ich verhindern und appelliere auch da wieder zu mehr Freiheit und Selbständigkeit. Weiter stehe ich ein für ein härteres Vorgehen gegenüber Straftätern. Ich kann es nicht verstehen, wenn jemand einen Mord begeht und ihm dann auch noch eine Therapie bezahlt wird. In der Schweiz kümmert man sich zu wenig um die Opfer und zu sehr um die Täter.
Gibt es auch Leute in der SVP, mit denen du gar nichts am Hut hast?
Es gibt schon auch Leute, mit denen ich rede und nur wenig gemeinsames Gedankengut entdecke. Hinter den Exponenten der Partei – also Blocher, Köppel oder Mörgeli – stehe ich aber voll und ganz.
Wie wichtig ist das Thema Zuwanderung für Dich?
Das Asylthema ist heikel, sehr emotional, das merkt man bei den Gesprächen mit der Bevölkerung. Der Masseneinwanderungsinitiative habe ich zugestimmt, um ein Zeichen zu setzen. Die Infrastruktur muss ja immer erweitert werden. Und irgendwann reicht die ja nicht mehr aus für so viele Leute.
Mit welcher Partei kannst Du nichts anfangen?
Mit der JUSO. Diese Partei steht nun mal überhaupt nicht auf meiner Linie. Sie fordert nur, ohne zu überlegen, wo das Geld herkommt, mit dem alles bezahlt werden soll.
Das Gespräch mit Katia Weber wurde am 12. September 2015 in Regensdorf-Watt geführt.
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