Der sofortige und offenbar unbefristete Entzug der Akkreditierung für Nachbern.ch durch die Parlamentsdienste hat viele Reaktionen ausgelöst. Ich blogge ja nun seit dreizehn Jahren, aber so viele Rückmeldungen auf einen einzelnen Beitrag hatte ich noch kaum je zu bewältigen: E-Mails, Tweets, Facebook-Nachrichten, Telefonanrufe, SMS, ich komme fast nicht dazu, alles zu verarbeiten. Ich hätte das Crowdfunding nicht auf 10’000 Franken, sondern auf 20’000 Franken ansetzen sollen – und mit dem Mehrbetrag einen Assistenten einstellen sollen, der den ganzen Tag Soziale Medien bearbeitet und E-Mails beantwortet. Dass sich die eine oder andere Antwort verzögert, bitte ich also zu entschuldigen.
Es ist schön, zu sehen, dass ich mit meinem Unverständnis für den Entscheid der Parlamentsdienste nicht alleine bin. Mit #fotigate hat sich sogar ein Hashtag zum Fall gebildet, und die Website darfronniegrobwiederinsbundeshaus.ch informiert darüber, ob ich wieder ins Bundeshaus darf, und falls ja, wann. Auch die Printmedien haben heute berichtet: Tages-Anzeiger, Der Bund, die Basler Zeitung und 20 Minuten – Nein, nicht die deutschschweizer Ausgabe – sondern die aus dem Tessin, 20 Minuti. Dafür würde mir mein liebster Feind, Peter Wälty aus der Chefredaktion von 20 Minuten, eventuell sogar eine Praktikumsstelle anbieten. Wie lieb!
Wie ich weiss, haben mehrere Personen bei den Parlamentsdiensten nachgefragt, warum mir die Akkreditierung entzogen wurde und/oder darum gebeten, mir die Akkreditierung wieder zu erteilen. Andere haben ihnen bekannte Parlamentarier kontaktiert und sie darum gebeten, in dieser Sache aktiv zu werden. Wieder andere versuchen auf die Medien einzuwirken, damit sie über den Fall berichten. Und das haben viele Medien auch bereits getan:
«Nach kritischem Bericht: Journalist fliegt aus dem Bundeshaus» (aargauerzeitung.ch, Lorenz Honegger)
«Ronnie Grob darf nicht mehr ins Bundeshaus» (persoenlich.com, wid)
«Ronnie Grob ist raus aus dem Schweizer Bundeshaus» (turi2.de, Björn Czieslik)
«Journalist fliegt aus Bundeshaus – weil er SP-Nationalrätin Chantal Galladé zu genau aufs Smartphone geschaut hat» (watson.ch, Maurice Thiriet)
«Nachbern: Rausschmiss aus dem Bundeshaus» (ordnungspolitik.ch, Dominik Feusi)
«Polit-Unternehmer fliegt aus dem Bundeshaus» (blick.ch, kaz)
«Persona non grata im Bundeshaus» (blog.tagesanzeiger.ch/offtherecord, Christian Lüscher)
«Dann wollen wir dem Kleinen mal eine Lektion erteilen» (andreasvongunten.com)
«Parlamentsdienste – Deutsch: Ein Übersetzungsversuch» (karinfriedli.ch)
«Rausgeworfener des Tages: Ronnie Grob» (jungewelt.de, jos)
Einige Parlamentarier waren von sich aus solidarisch. Jacqueline Badran (SP), übrigens Unterstützerin des Nachbern.ch-Crowdfundings, bot unkomplizierte Hilfe an:
Gerhard Pfister (CVP) gab meiner Kritik der Debattenunkultur im Nationalrat statt und fand darüber hinaus, es solle erlaubt sein, fotografierende Parlamentarier zu fotografieren:
Wie geht es nun weiter? «Sofort den Rechtsweg einschlagen», empfahl etwa Ex-«Cash»-Chefredaktor Fred David. Ich werde aber zunächst mal abwarten, wie sich der mit meiner heute Morgen abgeschickten E-Mail-Antwort begonnene Dialog mit Mark Stucki entwickelt. Es ist doch zu hoffen, dass die Parlamentsdienste einsehen, dass ein sofortiger Entzug der Akkreditierung auf unbestimmte Zeit ein zu harter Entscheid ist. Und wir stattdessen gemeinsam zu einem vernünftigen Gespräch zusammenfinden. Chantal Galladé (SP) habe ich per E-Mail ein Interview auf Nachbern.ch angeboten, um die offenen Fragen zu klären.
Die Parlamentsdienste haben – so die neuste Entwicklung – Signale ausgesendet, dass eine Lösung des Problems durchaus möglich sein könnte. Ich halte Euch diesbezüglich auf dem Laufenden.
Nachtrag, 13. September 2015, 8:45 Uhr: Unter dem Titel «Der falsche Winkelried» ist nun auch noch ein Text in der «Sonntagszeitung» erschienen. Autor Barnaby Skinner findet die Auseinandersetzung um die Akkreditierung eine «Posse der gröberen Sorte». Ja, das kann man so sehen, warum auch nicht. Ich stelle einfach fest, dass die Grenzen der Medienfreiheit im Bundeshaus bereits ausgereizt sind, wenn ein Journalist sich erlaubt, zwei völlig harmlose Fotos von der Journalistentribüne zu machen und zu veröffentlichen. Man schliesst ihn deswegen einfach mal unbefristet aus.
Das Wort «Datenjournalist» unter dem Namen Barnaby Skinner könnte einen glauben machen, dass er die Daten im Griff hat. Leider ist das nicht der Fall. Im Text sind vier faktische Fehler zu finden:
1. Der Titel des betreffenden Textes heisst nicht «Das Ende der Debatte im Nationalrat», wie Skinner schreibt, sondern «Die Debatte im Nationalrat ist tot». Der Leser könnte es auf Nachbern.ch erfahren, doch leider schafft es Skinner wie übrigens auch die «Aargauer Zeitung», einen ganzen Text über eine Website zu schreiben, ohne sie zu erwähnen. Linkgeiz gibt es auch auf Print offenbar.
2. «Der 39-Jährige» – ich bin 40. Ist hier öffentlich.
3. «Er richtete sogar eine Website ein: http://www.darfronniegrobwiederinsbundeshaus.ch». Falsch. Ich habe diese Website nicht eingerichtet. Und es war auch nicht meine Idee, eine solche einzurichten.
4. «Grob könne jederzeit einen neuen Antrag für eine Akkreditierung stellen. Der Ausschluss betreffe nur die Tage, die er bereits gemeldet habe.» Falsch. Der Ausschluss wurde unbefristet ausgesprochen («ab sofort keinen Zutritt mehr»), das ist im von mir öffentlich gemachten E-Mail nachzulesen. Falls es tatsächlich nur die gemeldeten Tage betreffen würde, dann wäre die ganze Herbstsession und somit der ganze Wahlkampf 2015 betroffen.
Soweit die faktischen Fehler. Über den Parlamentsdienst schreibt Skinner: «Aber wenn er auf eine Regelverletzung hingewiesen wird, bleibt ihm nichts anderes übrig, als den Verantwortlichen auszuschliessen». Diesen Satz möchte ich dann gerne nochmals lesen. Aber wenn ein Journalist der «Sonntagszeitung» betroffen ist. In einem Land wie Russland oder Eritrea.
Soll ich nun eine Gegendarstellung einfordern von der «Sonntagszeitung»? Ach, ich weiss nicht. Ich stelle einfach fest, dass ein kurzer Text einer renommnierten Sonntagszeitung mehrere faktische Fehler enthält. Und solange mir nicht vorgeworfen wird, die Unwahrheit zu schreiben, bin ich beruhigt, und mache weiter. Übrigens hat sich bisher noch keiner der Unterstützer, die gemäss Skinner ja die «grössten Verlierer» der Sache sind, bei mir gemeldet und mir vorgeworfen, mich «selbst zu inszenieren». Vielleicht sind sie ja gar nicht so unzufrieden bisher.
Nachtrag, 13. September 2015, 14:15 Uhr: Auf meine Anregung hin hat Autor Barnaby Skinner im Text auf Sonntagszeitung.ch einige Korrekturen vorgenommen:
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